Hilfsmittelberatung

Im Rahmen einer Hilfsmittelberatung werden einer blinden oder hochgradig sehbehinderten ratsuchenden Person sowohl assistive Technologien (Hilfsmittel) als auch Arbeitstechniken vorgestellt und empfohlen, die ihr das Erledigen beruflicher oder privater Tätigkeiten erleichtern oder gar erst ermöglichen. Zu berücksichtigende Faktoren sind hierbei:

  • Die durch die vorliegende Sehbehinderung / Blindheit gegebenen Einschränkungen,
  • die Anforderungen, die durch die zu erledigenden Arbeitsaufgaben / Tätigkeiten entstehen,
  • die Bereitschaft und die Notwendigkeit, sich mit Technik im Allgemeinen und Digitaltechnik im Speziellen auseinanderzusetzen,
  • besonders im beruflichen Bereich: Die Bedingungen des Arbeitsumfelds wie Ergonomie, Platzbedarf, Arbeitsabläufe in einem Mehrpersonenbüro etc.

Trotz ihres Namens ist eine Hilfsmittelberatung also in der Regel mehr als nur eine Empfehlung konkreter sehbehinderten- oder blindenspezifischer Hilfsmittel, da sie die komplette Arbeitsplatz- oder Lebenssituation und die jeweiligen Rahmenbedingungen mit in den Blick nimmt. Entsprechend geht einer beruflichen Hilfsmittelberatung oft eine Arbeitsplatzanalyse voraus.

Formen

Hilfsmittelberatungen für blinde und sehbehinderte Menschen unterscheiden sich in vier Merkmalen:

  1. Geht es um rein sehbehindertenspezifische oder um rein blindenspezifische Belange oder müssen für eine hochgradig sehbehinderte ratsuchende Person beide Themenkomplexe angesprochen werden,
  2. geht es um den privaten oder den beruflichen Bereich,
  3. kommt die ratsuchende Person zur Beratungsstelle oder sucht das Beratungspersonal die Klientin / den Klienten auf,
  4. wird die Beratung von einer Hilfsmittelfirma oder einer unabhängigen Stelle durchgeführt.

Beratene Arbeitstechniken

Setzt die ratsuchende Person ausschließlich sehbehindertenspezifische oder ausschließlich blindenspezifische Arbeitstechniken ein, lässt sich von einer blinden- bzw. sehbehindertenspezifischen Hilfsmittelberatung sprechen. Verwendet ein hochgradig sehbehinderter Mensch sowohl Blinden-, als auch Sehbehindertentechniken (setzt also Mischtechniken ein), so wird in der Regel eine der beiden Arbeitsweisen bevorzugt verwendet und darf als primäre Arbeitstechnik gelten. Dies ist im Rahmen der Hilfsmittelberatung zu berücksichtigen.

Privater oder beruflicher Bereich

Bei Beratungen für den Privatbereich stehen oft Alltagsthemen wie Lesen, Information und Kommunikation, Gesundheit, Haushaltsführung (Kochen, Backen, Braten, Reinigen und Einkaufen) im Vordergrund. Entsprechend liegt der Fokus auf Alltagshilfsmitteln wie Uhren, Weckern, Thermometern, Waagen, Blutdruckmessern mit Sprachausgabe oder Eingießhilfen und Alltagstechniken wie Markierungs- und Ordnungssysteme, deren Handhabung meist leicht erlernbar ist und keiner ausführlichen Einweisung bedarf. Die Mehrzahl dieser Hilfsmittel wird privat bezahlt.

Bei den im beruflichen Kontext beratenen Hilfsmitteln handelt es sich oft um komplexe Informationsverarbeitungssysteme wie Vergrößerungssoftware, Kameralesesysteme, Bildschirmausleseprogramme, Braillezeilen, Blindennotizgeräte etc. Aufgrund der hohen Anschaffungspreise werden die Kosten dieser Hilfsmittel fast immer von einem zuständigen Kostenträger wie der Arbeitsagentur, der Rentenversicherung oder einem Integrationsamt übernommen. Auch die Beratungskosten selbst werden im beruflichen Kontext in der Regel erstattet. Ferner ist zur effektiven Handhabung der Hilfsmittel eine qualifizierte Schulung erforderlich, deren Kostenübernahme ebenfalls beantragt und bewilligt werden muss. In eine berufliche Hilfsmittelberatung sind meist viele Beteiligte (Vorgesetzte, Schwerbehindertenvertretung, IT-Abteilung, Kostenträger) involviert.

Beratungs-Settings

Das allgemein übliche Beratungs-Setting sieht vor, dass die ratsuchende Person in eine Beratungsstelle geht. Dies empfiehlt sich für private Hilfsmittelberatung sehbehinderter und blinder Menschen ebenfalls, da eine Beratungsstelle zahlreiche Alltagshilfen vorhält, die vor Ort eingehend erprobt und verglichen werden können. Für gesundheitlich und mobilitätstechnisch stark eingeschränkte Personen im Privatbereich und für den gesamten beruflichen Bereich empfiehlt sich ergänzend jedoch das Modell der aufsuchenden Beratung. Dabei Präsentiert eine Beratungsstelle oder eine Hilfsmittelfirma ihre Hard- und Software vor Ort.

Für den Arbeitsplatzbereich ist dies besonders wichtig, da oft nur an Ort und Stelle überprüft werden kann, ob sich ein Hilfsmittel in den Gesamtablauf einfügt und den Erwartungen entspricht. Muss beispielsweise ein Screenreader programmiertechnisch an eine nicht barrierefreie Fachanwendung angepasst werden, so kann der Anpassungsbedarf nur am blindentechnisch ausgestatteten Arbeitsplatz unter Beteiligung des blinden Beschäftigten ermittelt und das Ergebnis evaluiert werden. Im beruflichen Kontext wird eine Hilfsmittelberatung deshalb oft zweigeteilt: Am Arbeitsplatz erfolgt zunächst eine Bedarfs- und Arbeitsplatzanalyse; kommen mehrere Hilfsmittel in Frage, die nicht zwingend an Ort und Stelle ausprobiert werden müssen, kann die zu beratende Person diese beim Besuch in der Beratungsstelle erproben und vergleichen.

Anbieterspezifisch oder anbieterübergreifend

Alle Hersteller und Händler für sehbehinderten- und blindenspezifische Hilfsmittel führen auch qualifizierte Beratung durch. Diese bietet naturgemäß vor Allem einen Überblick über die firmeneigenen Produkte. Anbieterübergreifende Beratungen zu assistiven Technologien werden von den Bildungseinrichtungen des Blinden- und Sehbehindertenwesens und von der Selbsthilfe durchgeführt.

Anbieter firmenübergreifender Hilfsmittelberatung

Bildungseinrichtungen für sehbehinderte und blinde Menschen sowie die die Sozialunternehmen der Beruflichen Rehabilitation für Personen mit Blindheit und Sehbehinderung sind auf anbieterunabhängige Hilfsmittelberatung spezialisiert. Adressen und Kontaktmöglichkeiten finden sich im Verzeichnis von Hilfsmittelberatungsstellen.